Captain W.E. Fairbairn: Pionier des Combatives & Erfinder von Defendu

Captain W.E. Fairbairn in Shanghai

Captain W.E. Fairbairn war nicht nur ein Produkt seiner Zeit – er war ein echter Pionier. Sein ganzes Leben war einer einzigen Mission gewidmet: das Studium und die Anwendung effektiver Nahkampftechniken. Seine Methoden, geprägt durch echte Straßenerfahrungen und rigorose Prüfungen unter extremen Bedingungen, haben die moderne Welt der Selbstverteidigung und des Nahkampfs maßgeblich beeinflusst. Sein Vermächtnis wird sicherlich noch viele Jahre fortbestehen.

Frühe Jahre: Von England nach China

Im Jahr 1885 in Hertfordshire, England, geboren, nahm William Ewart Fairbairn seine ersten Erfahrungen im Kampf auf, als er sich im jugendlichen Alter den Royal Marines anschloss. Diese frühe militärische Erfahrung legte das Fundament für seine zukünftige Karriere. Nachdem er die Marines verlassen hatte, trat Fairbairn der Shanghai Municipal Police (SMP) im Jahr 1907 bei, einer Zeit, in der Shanghai als „Paris des Ostens“ bekannt war, aber auch eine Brutstätte des Verbrechens darstellte.

Captain W.E. Fairbairn:

Shanghai: Der ultimative Prüfstand für Nahkampftechniken

In der brodelnden Metropole Shanghai konfrontierte die ständige Bedrohung durch Gangster, Spione und politische Unruhen Fairbairn regelmäßig mit Straßenkämpfen. Shanghai präsentierte eine einzigartige Mischung aus Ost und West, aber auch eine brutale Unterwelt.

Fairbairn fand sich oft im Zentrum dieser Unruhen wieder und erlebte dabei mehr als 600 gewaltsame Auseinandersetzungen – eine Erfahrung, die ihm einen unschätzbaren Einblick in reale Nahkampfsituationen bot. Um seine Einheit effektiver zu machen, tauchte er tief in verschiedene Kampfkünste ein. Er studierte Judo und Jiu-Jitsu in Japan, Boxen und Wrestling aus dem Westen, und sogar lokale chinesische Kampfstile.

Defendu und die Entwicklung von Combatives

Seine intensiven Studien und Felderfahrungen mündeten in die Entwicklung von Defendu, einem Selbstverteidigungssystem, das den Ansatz des „Mindestaufwands bei maximalem Ergebnis“ verfolgte. Doch mit der Zunahme globaler Spannungen und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erkannte Fairbairn die Notwendigkeit, seine Techniken weiter anzupassen.

Er entwickelte zusammen mit Eric A. Sykes Combatives: ein ganzheitlicher Ansatz für den Nahkampf, der nicht nur physische Techniken, sondern auch Aspekte der psychologischen Kriegsführung integrierte. Im Jahr 1942 publizierte er „All in Fighting“, welches als umfassendes Handbuch für diese neuen Methoden diente.

Combatives entfernte sich von komplizierten Griffen und Bewegungen und konzentrierte sich auf einfache, aber äußerst effektive Techniken. Dabei wurde großen Wert darauf gelegt, dass diese Techniken unter Stress und in extremen Situationen schnell erlernt und angewendet werden konnten.

All in Fighting“: Ein Meilenstein in der Geschichte der Selbstverteidigung

„All in Fighting“ ist ein Name, der in der Geschichte der Selbstverteidigung und des Nahkampfs einen festen Platz hat. Geschrieben von Captain William E. Fairbairn während des Höhepunkts des Zweiten Weltkriegs, bietet das Buch eine systematische Herangehensweise an den Hand-zu-Hand-Kampf und wurde zur Grundlage für viele spätere Selbstverteidigungssysteme.

„All in Fighting“ war kein typisches Handbuch über Kampfsport oder Selbstverteidigung. Stattdessen war es ein direkter, no-nonsense Ansatz zur Selbstverteidigung, entworfen für die harten Realitäten des Krieges. Das Buch lehrte Techniken, die einfach und direkt waren. Es gab keinen Raum für komplizierte Manöver oder Techniken, die in einer echten Kampfsituation nicht praktikabel wären. Stattdessen betonte Fairbairn die Bedeutung von Schnelligkeit, Überraschung und roher Aggression.

Zudem integrierte Fairbairn Elemente der psychologischen Kriegsführung in sein Training. Er lehrte die Soldaten, die natürlichen Ängste und Reflexe des Menschen zu ihrem Vorteil zu nutzen, insbesondere in Überraschungssituationen. „All in Fighting“ wurde schnell zu einem Standardwerk für alliierte Truppen und Kommandoeinheiten. Es hatte einen direkten Einfluss auf die Entwicklung anderer militärischer Nahkampfsysteme, sowohl während des Krieges als auch danach.

Das Fairbairn-Sykes-Kampfmesser

In der Welt des Nahkampfs ist es unmöglich, über Fairbairn zu sprechen, ohne das Fairbairn-Sykes-Kampfmesser zu erwähnen. Dieses Messer, entworfen in Zusammenarbeit mit Sykes, verkörperte die Philosophie von Schnelligkeit, Geradlinigkeit und Effektivität. Mit einer doppelschneidigen Klinge und einem fokussierten Griffdesign wurde es rasch zum bevorzugten Werkzeug für alliierte Spezialeinheiten und ist auch heute noch ein Symbol für taktischen Kampf.

Ein Vermächtnis im modernen Nahkampf

Sein Erbe reicht weit über den Zweiten Weltkrieg hinaus. Fairbairns Methoden wurden nach 1945 in der Ausbildung von Polizei- und Spezialeinheiten weltweit integriert. Die FBI-Trainingsakademie zum Beispiel nahm viele seiner Techniken in ihr Standard-Curriculum auf. Zudem beeinflusste sein Ansatz zur Nahkampfausbildung maßgeblich die Entwicklung der modernen Militär-Combatives-Programme, insbesondere das US Army Combatives Program.

William E. Fairbairn war nicht nur ein Mann seiner Zeit, sondern vielmehr ein visionärer Denker, der den Grundstein für den modernen Nahkampf legte. Durch seine umfangreichen Studien, praktischen Erfahrungen und seine unermüdliche Neugier veränderte er maßgeblich, wie wir heute über Selbstverteidigung und Nahkampf denken. Sein Vermächtnis wird durch unzählige Ausbildungsprogramme, Literatur und natürlich das ikonische Fairbairn-Sykes-Kampfmesser fortgeführt und zelebriert.